Neuste HR-Rechtsprechung des Bundesgerichts

Veröffentlicht: 27. Juni 2024

Kündigung bei Krankheit: Das BGer hat eine von der Lehre lange diskutierte Frage entschieden: Der Schutz vor Kündigung zur Unzeit gilt nicht bei einer arbeitsplatzbezogenen Arbeitsunfähigkeit. Im vorliegenden Fall war die Arbeitsunfähigkeit des Arbeitnehmers eng mit dem Arbeitsplatz verbunden. Der Arbeitgeber konnte ihn daher entlassen, ohne den Ablauf der Sperrfrist abzuwarten (1C_595/2023).

Missbräuchliche Kündigung 1: Das Bundesgericht bestätigte ausdrücklich, dass eine Kündigung nach Ablauf der Sperrfrist gemäss Art. 336c OR nicht missbräuchlich ist (auch wenn sie aus gesundheitlichen Gründen erfolgt), ausser wenn der Arbeitgeber die Krankheit direkt verursacht hat. Das BGer fügte hinzu, dass Konflikte mit einem neuen Vorgesetzten in der Regel nicht so schwerwiegend sind, dass man dem Arbeitgeber vorwerfen kann, keine Massnahmen zu deren Bewältigung ergriffen zu haben (BGE 150 III 78). Anmerkung: Unserer Meinung nach ist dieser zweite Teil mit Vorsicht zu geniessen.

Missbräuchliche Kündigung 2: Das BGer entschied, dass die im Strafverfahren geltenden Garantien nicht direkt auf eine interne private Untersuchung des Arbeitgebers anwendbar sind. In casu ermittelte der Arbeitgeber wegen sexueller Belästigung, und er war insbesondere nicht verpflichtet, die beschuldigte Person über den Grund des Treffens zu informieren, bevor dieses stattfand. Er musste auch nicht den Namen der Anzeigerin nennen, da der Inhalt der Vorwürfe genügend erkennbar war (4A_368/2023).

Fristlose Kündigung: Der private Arbeitgeber muss innerhalb von 2-3 Arbeitstagen handeln, sobald er vom Sachverhalt Kenntnis hat. In diesem Urteil bestätigte das BGer, dass sich der öffentliche Arbeitgeber etwas mehr Zeit lassen kann, das Verfahren aber trotzdem nicht über einen längeren Zeitraum ruhen lassen darf. In casu wurde eine Wartezeit von 5-6 Monaten als zu lang erachtet (8C_311/2023).

Covid: Das BGer entschied, dass es nicht Teil des unternehmerischen Risikos des Arbeitgebers ist, wenn ein Unternehmen aufgrund von Covid auf behördliche Anordnung hin geschlossen wird. Daher haben die Angestellten keinen Anspruch auf ihren Lohn, wenn sie ihre Stunden nicht ableisten können. In casu hatten die Angestellten keinen Anspruch auf Kurzarbeit, weil sie vor dem Covid auf Ende des Schuljahres gekündigt hatten (BGE 150 III 22).

Konkurrenzverbot: Das Konkurrenzverbot fällt weg, wenn der Arbeitnehmer den Vertrag aus einem begründeten, vom Arbeitgeber zu verantwortenden Anlass, auflöst (340c OR). Das BGer fügte hinzu, dass ein kausaler Zusammenhang zwischen dem begründeten Anlass und der Kündigung bestehen müsse. In casu wartete der Arbeitnehmer 6 Monate, bevor er kündigte, was den Kausalzusammenhang unterbrach (4A_426/2023).